Viele haben sie, doch nur die wenigsten bemerken sie. Die Rede ist von Parodontose bzw. Parodontitis. An der Volkskrankheit leidet rund jeder zweite Erwachsene in Deutschland. Doch wer frühzeitig etwas gegen die tückische Erkrankung unternimmt, kann die eigenen Zähne lange erhalten und einen Zahnverlust verhindern.
Dr. Kathrin Böhm ist unsere Expertin für die tückische Volkskrankheit und erklärt, wie man die Beschwerden von Betroffenen lindern kann. Weiter lesen Sie hier alles zu Risikofaktoren, Behandlungsmöglichkeiten und Kosten für eine Parodontose-Therapie.
Im Volksmund wird Parodontitis oftmals auch als Parodontose bezeichnet. Ein Begriff, der jedoch nicht ganz korrekt ist, da es sich um eine dauerhafte Entzündung handelt und deswegen im medizinischen Bereich das nachgestellte -itis am Wortende erfordert. Durch diese chronische Entzündung bauen sich die drei Strukturen des Zahnhalsapparates ab: das Zahnfleisch, auch Gingiva genannt, der Knochen, in dem Fall Alveolarknochen, sowie das Desmodont, feine Fasern, die die Zahnwurzel mit dem Knochen verbinden. Das Resultat: Durch den Verlust des Knochens verliert der Zahn an Halt, auch Attachmentverlust genannt, wird locker und fällt aus. „Das ist etwas sehr Einschneidendes für die Patienten, wenn sie merken, der Zahn wird locker und man verliert ihn“, sagt Dr. Kathrin Böhm, Zahnärztin und Parodontologin bei den Zahnärzten Obermünsterstraße in Regensburg. „Es kündigt sich leider viel zu spät an, weil es eine sogenannte stille Erkrankung ist. Das heißt, von den ganzen Vorgängen spürt der Patient sehr wenig, oft erst, wenn es sehr spät ist.“ Viele Menschen in Deutschland wüssten daher gar nichts von ihrer Erkrankung, es sei denn, sie waren bei einem Zahnarzt, der es diagnostiziert hat, ergänzt Böhm.
Dass es sich bei Parodontose nicht nur um eine stille Erkrankung handelt, sondern zugleich um eine Volkskrankheit, belegen Zahlen der Deutschen Mundgesundheitsstudie. Die letzten Ergebnisse stammen aus dem Jahr 2016 und zeigen, dass bereits jeder zweite jüngere Erwachsene zwischen 35 und 44 Jahren an einer parodontalen Erkrankung leidet – rund 43 Prozent sind von einer moderaten Parodontose betroffen, jeder Zehnte von einer schweren. „Ab dem jungen Erwachsenenalter kann es jeden treffen“, sagt Böhm. „Bei den meisten beginnt die Erkrankung aber mit 35 Jahren.“
Parodontose entsteht dabei durch Bakterien. Allein im Mund hat jeder Mensch rund 200 verschiedene Bakterienarten, was an sich nicht schlimm ist. Unter diesen Bakterien befinden sich aber auch parodontopathogene Bakterien, die krankmachend sind. Versteckt sind sie neben Nahrungsresten im Zahnbelag. Da die Bakterien Abbauprodukte produzieren, wird ihre Umgebung basisch, was wiederum eine Entzündung begünstigt. Hinzu kommt: Je tiefer die Bakterien in den Zahntaschen sitzen, desto wohler fühlen sie sich, da sie es anaerob, also ohne Sauerstoff, lieben. Wie Dr. Böhm weiterhin erklärt, hängt die Entstehung von Parodontose auch mit der Lebensweise in den westlichen Ländern zusammen: „Fettreiche, zuckerreiche Ernährung, rauchen, teilweise auch mehr Alkohol und zu wenig Bewegung führen dazu, dass ein vorzeitiges Altern stattfindet. Das nennt man Inflammaging. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass es auch eine genetische Veranlagung gibt.“ Das wiederum bedeutet, dass von der Parodontose auch Menschen betroffen sind, die eigentlich wenig Belag haben und dadurch wenig Bakterien, das Immunsystem kann sie aber dennoch nicht händeln. Diese genetische Parodontose ist auch vererblich. „Bei dieser starken, angeborenen Parodontose gibt es eine Vererblichkeit von rund 50 Prozent. Sie beginnt meistens auch schon sehr früh und betrifft auch Jugendliche. Deswegen wird schon von Kindesbeinen an ein kleiner Test gemacht, um zu schauen, ob mit dem Zahnfleisch der Kinder alles in Ordnung ist.“
Eine weitere Einteilung ist das Grading, bei dem die Progressionsrate, die Schnelligkeit des Knochenabbaus, bestimmt wird. Man schaut, wie viel Knochen im Verhältnis zur Wurzel und im Verhältnis zum Alter abgebaut ist. Abhängig davon werden die Patienten in A, B oder C eingeteilt. „Das Grading ist ganz entscheidend, weil danach bestimmt wird, wie oft der Patient zur Nachbehandlung kommt – zur UPT, das ist die unterstützende Parodontose-Therapie“, sagt Dr. Böhm und macht deutlich: „Es gibt keine Verbesserung, nur ein Halten. Und das klappt gut, wenn die Patienten regelmäßig zu mir kommen. Selbst wenn nur noch 30 Prozent des Knochens da sind, kann ich die Zähne noch lange halten, wenn die Patienten regelmäßig kommen. Das funktioniert, und das ist die gute Nachricht.“
Eine Parodontose sitzt so tief auf der Wurzel, dass sie vom Zahnarzt behandelt werden muss. Bei einer ganz leichten Parodontose in Stadium eins kann eine Zahnreinigung ausreichend sein, so Dr. Böhm, die sich auf Parodontologie spezialisiert hat. Man muss aber danach kontrollieren, ob noch Taschen verblieben sind oder nicht. Sind die Zahnfleischtaschen noch tiefer, muss man bei der Krankenkasse eine Behandlung beantragen. „Unter Betäubung, einer Lokalanästhasie, werden die Taschen dann gereinigt“, erklärt Dr. Böhm. „Das Mittel der Wahl sind dabei Küretten, also Handinstrumente, die für die verschiedenen Flächen rund um den Zahn speziell geformt sind, um möglichst gut die harten und die weichen Beläge zu entfernen.“ Da die Behandlung unter Lokalanästhesie stattfindet, müssen Patienten auch keine Angst vor Schmerzen haben. Es sei wie eine vertiefte Zahnreinigung, erklärt die Zahnärztin. Danach können zwar Probleme auftreten, die sich jedoch in den meisten Fällen mit einem leichten Schmerzmittel gut lindern lassen.
Die gute Nachricht: Wenn man diesen ersten Schritt getan hat, kann der Patient selber viel dafür tun, indem er etwa täglich Interdentalbürsten verwendet, die noch mal eine bessere Wirkung als Zahnseide haben. „Durch die Bürsten und Pflege kann man viel erreichen. Aber natürlich sind auch ein Rauchstopp, weniger Zucker, Obst und Gemüse, wenig verarbeitetes Fleisch und möglichst ungesättigte Fettsäuren dringend empfohlen. Durch die Ernährung kann man schon steuern“, so Dr. Böhm.
Dr. Kathrin Böhm ist unsere Expertin für die tückische Volkskrankheit und erklärt, wie man die Beschwerden von Betroffenen lindern kann. Weiter lesen Sie hier alles zu Risikofaktoren, Behandlungsmöglichkeiten und Kosten für eine Parodontose-Therapie.
Im Volksmund wird Parodontitis oftmals auch als Parodontose bezeichnet. Ein Begriff, der jedoch nicht ganz korrekt ist, da es sich um eine dauerhafte Entzündung handelt und deswegen im medizinischen Bereich das nachgestellte -itis am Wortende erfordert. Durch diese chronische Entzündung bauen sich die drei Strukturen des Zahnhalsapparates ab: das Zahnfleisch, auch Gingiva genannt, der Knochen, in dem Fall Alveolarknochen, sowie das Desmodont, feine Fasern, die die Zahnwurzel mit dem Knochen verbinden. Das Resultat: Durch den Verlust des Knochens verliert der Zahn an Halt, auch Attachmentverlust genannt, wird locker und fällt aus. „Das ist etwas sehr Einschneidendes für die Patienten, wenn sie merken, der Zahn wird locker und man verliert ihn“, sagt Dr. Kathrin Böhm, Zahnärztin und Parodontologin bei den Zahnärzten Obermünsterstraße in Regensburg. „Es kündigt sich leider viel zu spät an, weil es eine sogenannte stille Erkrankung ist. Das heißt, von den ganzen Vorgängen spürt der Patient sehr wenig, oft erst, wenn es sehr spät ist.“ Viele Menschen in Deutschland wüssten daher gar nichts von ihrer Erkrankung, es sei denn, sie waren bei einem Zahnarzt, der es diagnostiziert hat, ergänzt Böhm.
Dass es sich bei Parodontose nicht nur um eine stille Erkrankung handelt, sondern zugleich um eine Volkskrankheit, belegen Zahlen der Deutschen Mundgesundheitsstudie. Die letzten Ergebnisse stammen aus dem Jahr 2016 und zeigen, dass bereits jeder zweite jüngere Erwachsene zwischen 35 und 44 Jahren an einer parodontalen Erkrankung leidet – rund 43 Prozent sind von einer moderaten Parodontose betroffen, jeder Zehnte von einer schweren. „Ab dem jungen Erwachsenenalter kann es jeden treffen“, sagt Böhm. „Bei den meisten beginnt die Erkrankung aber mit 35 Jahren.“
Risikofaktoren für eine Parodontose
Parodontose entsteht dabei durch Bakterien. Allein im Mund hat jeder Mensch rund 200 verschiedene Bakterienarten, was an sich nicht schlimm ist. Unter diesen Bakterien befinden sich aber auch parodontopathogene Bakterien, die krankmachend sind. Versteckt sind sie neben Nahrungsresten im Zahnbelag. Da die Bakterien Abbauprodukte produzieren, wird ihre Umgebung basisch, was wiederum eine Entzündung begünstigt. Hinzu kommt: Je tiefer die Bakterien in den Zahntaschen sitzen, desto wohler fühlen sie sich, da sie es anaerob, also ohne Sauerstoff, lieben. Wie Dr. Böhm weiterhin erklärt, hängt die Entstehung von Parodontose auch mit der Lebensweise in den westlichen Ländern zusammen: „Fettreiche, zuckerreiche Ernährung, rauchen, teilweise auch mehr Alkohol und zu wenig Bewegung führen dazu, dass ein vorzeitiges Altern stattfindet. Das nennt man Inflammaging. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass es auch eine genetische Veranlagung gibt.“ Das wiederum bedeutet, dass von der Parodontose auch Menschen betroffen sind, die eigentlich wenig Belag haben und dadurch wenig Bakterien, das Immunsystem kann sie aber dennoch nicht händeln. Diese genetische Parodontose ist auch vererblich. „Bei dieser starken, angeborenen Parodontose gibt es eine Vererblichkeit von rund 50 Prozent. Sie beginnt meistens auch schon sehr früh und betrifft auch Jugendliche. Deswegen wird schon von Kindesbeinen an ein kleiner Test gemacht, um zu schauen, ob mit dem Zahnfleisch der Kinder alles in Ordnung ist.“ Schweregrade einer Parodontose
Auch bei Erwachsenen ist Messen und Röntgen die einzige Möglichkeit, um zu erkennen, ob eine parodontologische Erkrankung vorliegt. Betroffene können sie ansonsten nur an Zahnfleischbluten bemerken, aber auch nur, wenn es sich um Nichtraucher handelt. Denn gerade bei starken Rauchern werden die kleinen Blutgefäße im Zahnfleisch nicht mehr so gut durchblutet, wodurch das Blut nicht mehr an die Zähne herankommt. Eine Entzündung wird in solchen Fällen schlicht und ergreifend nicht bemerkt – es sei denn, die Zähne werden locker oder länger, sodass auch die Zahnwurzel zu sehen ist. Der Zahnarzt kann jedoch bereits zur Früherkennung den sogenannten Parodontale Screening Index (PSI) erheben. Hierbei handelt es sich um einen Test, der rund alle zwei Jahre auch von der Krankenkasse übernommen wird und bei dem der Zahnarzt mit einer speziellen Sonde die Tiefe der Zahnfleischtaschen misst. Diese wiederum werden seit Oktober 2020 weltweit gleich in vier Stadien klassifiziert: Stadium eins geht bis vier Millimeter, Stadium zwei bis fünf Millimeter verbunden mit etwas mehr Knochenabbau, Stadium drei geht bis sechs Millimeter und Stadium vier bedeutet sehr tiefe Taschen und Zahnverlust. „Wurde man in ein Stadium eingeteilt, bleibt man darin, denn auch durch die Behandlung kann es sich nicht mehr verbessern“, erklärt Dr. Böhm.Eine weitere Einteilung ist das Grading, bei dem die Progressionsrate, die Schnelligkeit des Knochenabbaus, bestimmt wird. Man schaut, wie viel Knochen im Verhältnis zur Wurzel und im Verhältnis zum Alter abgebaut ist. Abhängig davon werden die Patienten in A, B oder C eingeteilt. „Das Grading ist ganz entscheidend, weil danach bestimmt wird, wie oft der Patient zur Nachbehandlung kommt – zur UPT, das ist die unterstützende Parodontose-Therapie“, sagt Dr. Böhm und macht deutlich: „Es gibt keine Verbesserung, nur ein Halten. Und das klappt gut, wenn die Patienten regelmäßig zu mir kommen. Selbst wenn nur noch 30 Prozent des Knochens da sind, kann ich die Zähne noch lange halten, wenn die Patienten regelmäßig kommen. Das funktioniert, und das ist die gute Nachricht.“
Behandlungsmöglichkeiten einer Parodontose
Eine Parodontose sitzt so tief auf der Wurzel, dass sie vom Zahnarzt behandelt werden muss. Bei einer ganz leichten Parodontose in Stadium eins kann eine Zahnreinigung ausreichend sein, so Dr. Böhm, die sich auf Parodontologie spezialisiert hat. Man muss aber danach kontrollieren, ob noch Taschen verblieben sind oder nicht. Sind die Zahnfleischtaschen noch tiefer, muss man bei der Krankenkasse eine Behandlung beantragen. „Unter Betäubung, einer Lokalanästhasie, werden die Taschen dann gereinigt“, erklärt Dr. Böhm. „Das Mittel der Wahl sind dabei Küretten, also Handinstrumente, die für die verschiedenen Flächen rund um den Zahn speziell geformt sind, um möglichst gut die harten und die weichen Beläge zu entfernen.“ Da die Behandlung unter Lokalanästhesie stattfindet, müssen Patienten auch keine Angst vor Schmerzen haben. Es sei wie eine vertiefte Zahnreinigung, erklärt die Zahnärztin. Danach können zwar Probleme auftreten, die sich jedoch in den meisten Fällen mit einem leichten Schmerzmittel gut lindern lassen. Die gute Nachricht: Wenn man diesen ersten Schritt getan hat, kann der Patient selber viel dafür tun, indem er etwa täglich Interdentalbürsten verwendet, die noch mal eine bessere Wirkung als Zahnseide haben. „Durch die Bürsten und Pflege kann man viel erreichen. Aber natürlich sind auch ein Rauchstopp, weniger Zucker, Obst und Gemüse, wenig verarbeitetes Fleisch und möglichst ungesättigte Fettsäuren dringend empfohlen. Durch die Ernährung kann man schon steuern“, so Dr. Böhm.